Berliner Halbmarathon 2023

Die Wahl meines Vorsaison-Highlights in diesem Jahr fiel mir letzten Endes doch recht leicht. Es handelt sich um die Lieblingsdistanz meiner triathletischen Lieblingsdisziplin in der Nähe meiner relativ neuen Heimat. Zum zweiten Mal nach 2014 ging es für mich zum Berliner Halbmarathon. Dieses Mal sollte es etwas schneller werden als die 1:18, die ich als 9 Jahre jüngerer Lübecker damals gelaufen bin. Da es am Ende so gut ausging, dass mir an einigen Stellen fast ein wenig die Worte fehlen, möchte ich auf ein paar Worte zurückgreifen, die mir ein paar für mich einflussreiche Menschen über die letzten Jahre mit auf den Weg gegeben haben. Die Worte sind nur sinngemäß wiedergegeben, oder zumindest so wie ich sie verstanden habe.

 

Meine persönlichen Halbmarathon-Meilensteine:

  • März 2010: Erster Halbmarathon in Schwarzenbek (1:35:00)
  • März 2012: Erstes Mal unter 1:20 in Timmendorfer Strand (1:19:51)
  • März 2015: Erstes Mal unter 1:15 in Timmendorfer Strand (1:14:39)
  • August 2020: Neue Halbmarathon-PB in Bad Oldesloe (1:13:51)
  • März 2022: Neue Halbmarathon-PB in Hamburg-Neugraben (1:11:25)

 

Wenn die Form jetzt nicht so gut ist, wird sie zur Saison hin umso besser

Auf der Zielgeraden in Hamburg zur 1:11 letztes Jahr
Auf der Zielgeraden in Hamburg zur 1:11 letztes Jahr

Eine schlechte Form muss man sich ganz schön erarbeiten. In meinem Fall wurde das Formtief mit dem Ironman Hawaii und einem dicken Jetlag eingeläutet. Kurz nach der Rückkehr habe ich mich von allen vier Weisheitszähnen gleichzeitig verabschiedet. Es folgten kleine Wehwehchen wie Mandelentzündung und schlechte Wundheilung. Im November hab ich mich dann dennoch dazu entschlossen, mich für den Berliner Halbmarathon anzumelden. Es war ja schließlich noch ein paar Monate hin. Direkt nach der Verteidigung meiner Doktorarbeit Anfang Dezember lag ich dann mehrere Tage mit Fieber im Bett - Das erste Mal seit Kindheitstagen. Zum Ende des Jahres erreichte ich ein lange nicht dagewesenes Formtief, dafür zeigte die Waage Werte an, die ich auch seit mehreren Jahren nicht mehr gesehen hatte. Manchmal schlug das Herz bei über 5 min/km Lauftempo schneller als in Topform bei unter 4 min. Zur Weihnachtszeit habe ich mich dann aber in Lübeck mit alten Freunden auf die Bahn getraut. Johanna war zuversichtlich: Eine schwache Form im Winter kann eine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche Saison sein. Ich beschloss die Einheit mit einem 1000er am Anschlag - In 3:16. Ab da ging es erst langsam, dann schnell bergauf mit der Form. Mitte Januar erfreute ich mich wieder kompletter Gesundheit, Ende Januar hab ich es bei einem Parkrun über 5 km schon auf eine 16:28 gebracht und war damit ähnlich schnell wie einen Monat zuvor über einen Kilometer.

 

Du hast so gut und viel trainiert, da kann nichts schief gehen.

Seit der zweiten Januarhälfte kamen dann jede Woche mindestens 110 Laufkilometer pro Woche zustande. Ich hab in der Regel stark auf meine Ernährung geachtet, sporadische Entgleisungen dann aber auch ausgekostet und die dadurch vollen Glykogendepots am Folgetag genutzt. Auch mein Wettkampfgewicht habe ich mit etwa einem halben Kilo Gewichtsverlust pro Woche schnell wieder erreichen können. Ich begann langsam von einer Zeit von unter 70 Minuten im Halbmarathon zu träumen. 2 Wochen vor dem Halbmarathon habe ich im Rahmen des Citylaufs in Dresden meine Form mit einer neuen 10-km-Bestzeit bestätigen können. Die Zuversicht wuchs. Bis ich mich an der Startlinie in Berlin wiederfand, lagen im aktuellen Kalenderjahr bereits fast 1500 Laufkilometer hinter mir, das meiste im gemütlichen Tempo aber auch 93 (volle) Laufkilometer, die ich jeweils unter 3:20 gelaufen bin. Dazu sei erwähnt, dass ich dieses Jahr aber auch so wenig Radgefahren bin, dass der Trainingsumfang insgesamt niedriger war als letztes Jahr, was letzten Endes auch neben der Arbeit, die ich liebe, noch eine zuträgliche Menge an Zeit für Schlaf und Erholung gewährleistet hat. Am Wettkampf-Morgen erreichte mich daher Simons Nachricht: "Hol dir die Sub 1:10, du hast so gut und viel trainiert, da kann gar nichts schief gehen."

 

Es gibt Tage, da kämpfst du, und es gibt Tage da fliegst du.

Da es am Morgen doch recht kühl ist und die eine oder andere Böe öfter mal aufkommt als das Durchluken der Sonne zwischen den Wolken, gebe ich meine Jacke und lange Hose erst im letzten Moment ab. Dadurch komme ich nicht ganz so weit nach vorn in der Startaufstellung wie erhofft. Nach dem Startschuss komme ich aber dennoch recht gut weg, habe schnell genug Platz zum Laufen und nach 2 bis 3 km in etwa 3:15 min schaff ich es in eine Gruppe, mit der ich fortan mitlaufe. Die ersten 5 km habe ich nach 16:18 hinter mir. Der Rhythmus scheint längst gefunden, ich fühle mich gut. Die 10 km passiert die meine Gruppe, deren Besetzung sich laufend ändert nach 32:48 min. Es ist das fünfte Mal überhaupt in meinem Leben, dass ich 10 km unter 33 Minuten laufe, 30 Sekunden langsamer als meine jüngst aufgestellte Bestzeit, und meine Beine scheinen mich noch nicht allzu bald im Stich zu lassen. Na das läuft doch! Der 14. Rennkilometer ist für mich der erste über 3:20. Ich habe etwas Angst, fortan langsamer zu werden, letzten Endes ist aber alles cool, ein paar Kilometer des flachen Kurses waren durch die Laufrichtung bzw. Windrichtung einfach langsamer oder schneller als andere. Die dritten 5 km sind die langsamsten, aber mit 16:38 für meine Verhältnisse aber immer noch sehr schnell. "Es gibt Tage, da kämpfst du, und es gibt Tage da, fliegst du", wie Tri-Sport-Lübeck-Coach Detlev zu sagen pflegt. Für mich ist heute letzteres scheinbar der Fall, denn noch immer fühlt sich das, was ich tue, nach Laufen an. Dennoch beginnt langsam das große Rechnen.

 

Die Thormänner brechen nicht ein.

Vielleicht liegt es einfach in meiner vorsichtigen Natur, denn streng genommen bin ich ja keiner der Thormänner mehr, da ich keine Trainingspläne beziehe. Dennoch bewahrheitet es sich auch dieses Mal wieder: Ich kann mein Tempo halten, habe mir das Rennen scheinbar richtig eingeteilt. Mit den Jungs aus verschiedenen Ecken Europas um mich herum mache ich noch so einige gut und weiß, wenn ich hier drin bis zum Ende mitlaufe, bringen wir das gleichmäßig nach Hause. Das "einfach nur dranbleiben" führt dann schließlich noch zu einem Schlusskilometer, der mit 3:05 sogar mein schnellster der 21 Kilometer ist, ohne sich so angefühlt zu haben. Nach 1:09:27 habe ich mein Traumziel erreicht. Zudem habe ich noch eine Punktlandung in die Top 100 geschafft. Insgesamt haben es bei diesem Berliner Halbmarathon gut 26000 Läufer ins Ziel geschafft. Von den 99 Teilnehmenden, die schneller als ich waren, waren nur 6 Frauen (3 Britinnen und 3 Ostafrikanerinnen) und insgesamt 28 deutsche Läufer.

Es hätte wirklich nicht besser laufen können, ein perfektes Rennen. Danke!

 

Wettkampfaufzeichnung

 

Ergebnisliste

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Humboldthain Harriers - Oskar (Donnerstag, 07 Dezember 2023 13:36)

    Tolle Bericht und sehr cool, deine Progression zu sehen.