Bahnläufe in Zeiten von Corona

Wer hätte es vor einigen Wochen noch für möglich gehalten und ernsthaft die Hoffnung hegen können, dass nun schon wieder Wettkämpfe stattfinden. Richtige Wettkämpfe, keine virtuellen, sondern ganz offiziell, Schulter an Schulter mit den Konkurrenten. Trotz völlig akzeptablen Einschränkungen, kam eine Stimmung, die einen die außergewöhnliche Situation in den vergangenen und kommenden Monaten nahezu vergessen ließ. Die Rede ist hier von zwei Sportfesten auf dem Buni inklusive Laufwettbewerben, veranstaltet vom LBV Phönix, gut einen Kilometer vor meiner Haustür.

Bereits im Herbst letzten Jahres habe ich ich mir unter anderem das Ziel gesetzt, die 5000 Meter in diesem Jahr unter 16 Minuten zu laufen. Der Gedanke schwirrte aber schon länger in meinem Kopf herum. Als ich erstmals von der Veranstaltung gehört hab, dachte ich erst einmal wieder an irgendeinen "virtuellen Wettkampf" unter Bekannten. Es dauerte ein wenig, bis ich dann realisiert habe, dass es sich um richtige Bahnwettkämpfe handelte, mit Kampfrichtern, mit elektronischer Zeitnahme, ganz offiziell. Der Plan stand also wieder: Sub 16 war das Ziel.

Am ersten der zwei Sportfeste bestand außerdem die Möglichkeit 800 und/oder 3000 Meter zu laufen. Da die Vorbereitung sich die Vorbereitung bis dahin aber auf kaum weniger als 3 Wochen beschränkte, war ich erstmal ein bisschen zögerlich. Ein paar Einheiten mit Testcharakter ein paar Tage danach ließen dann aber schnell alle Zweifel verpuffen und die Teilnahme sowohl an den 3000 als auch den 5000 Metern war fix.

Da die letzten Trainingseinheiten vor dem 3000er am Abend des 11. Juli ziemlich vielversprechend liefen, ist das Mindestziel dann auch eine neue Bestzeit. Die alte steht immerhin bei 9:18,12 aus einem für mich herausragenden Rennen im vergangenen September. Im Idealfall laufe ich konstant in etwa 74 Sekunden/Runde mit einer etwas schnelleren Schlussrunde. Leichter gesagt als getan... Direkt nach dem Start kurz nach 21 Uhr setze ich mich zusammen mit Fiete vom Rest des Feldes beim letzten von 3 Zeitläufen ab. Wir passieren 200 Meter nach etwa 36 Sekunden, so weit alles nach Plan. Das Tempo nimmt leicht ab, bevor ich nach 700 Metern die Führung übernehme und wir zusammen nach 3:05 die 1000-Meter-Marke passieren. Das Tempo bei dieser Distanz ist ein pikantes und jede Runde, die man eine Sekunde zu schnell läuft gleicht schon fast einem Ritt auf der Rasierklinge. Es ist nicht so, dass ich in der Mitte des Rennens nicht ohnehin schon nah am Limit bin, jedoch lautet nach wie vor die Devise, so ruhig zu bleiben wie möglich. Der zweite Kilometer ist mit 3:10 schon eine ganze Ecke langsam. Mittlerweile bin ich vorne auch allein und drücke nochmal ein wenig aufs Tempo. Es gelingt dann zum Ende hin doch noch mit einem 3:00er-Kilometer und einer 69er-Schlussrunde eine neue Bestzeit zu erkämpfen - wenn auch nur 1,35 Sekunden schneller als die alte, aber immerhin. Die Uhr bleibt bei 9:16,77 Minuten stehen.

Eine Woche später ist es dann so weit. Mit den vergangenen 3000 Metern, die gewissermaßen einen Testcharakter hatten, bin ich zuversichtlich, dass ich die 16 Minuten unterbieten kann. Diverse Hochrechnungen der 3000-Meter-Zeit spucken durchweg Prognosen von ziemlich genau 16 Minuten (+/- wenige Sekunden) aus. Es wird also eine enge Kiste. Ich suche nach Gründen, warum es heute klappen wird und ich werde fündig: Ich bin etwas ausgeruhter, probiere es mit etwas mehr Koffein im Blut, es ist zudem etwas wärmer, so gut wie windstill und zu guter Letzt: Es sind ganze fünf Mitstreiter dabei, die heute ebenfalls das Ziel verfolgen eine hohe 15er-Zeit zu laufen. Mit dabei Simon, der sich bereiterklärt hat, für ein konstantes Rennen als Tempomacher vorweg zu laufen.

Der letzte Lauf startet mit 7 Teilnehmern um 21:25 Uhr. Simon setzt sich an die Spitze, 6 Jungs, darunter auch ich, laufen hinterher und wir passieren die ersten 200 Metern in entspannten 39 Sekunden - etwas langsamer als geplant, aber lieber so als anders herum. Das richtige Tempo pendelt sich schnell ein. Bei der 200-Meter-Marke, also beim Startpunkt, bekommen wir auch Rundenzeiten zugerufen, bei der Ziellinie läuft eine große Digitaluhr mit. Die ersten 1000 Meter passiere ich hinten in der geschlossenen Gruppe in 3:11 und 2000 Meter in 6:23. Nach der Hälfte des Rennens kann ich mich erst von Position 7 auf Position 6 vorarbeiten und schaff es auch endlich, dauerhaft auf der Innenbahn zu laufen. Bis 3000 Meter (in 9:33) ist die Gruppe auch noch dicht beisammen, bevor nach und nach 3 Läufer abfallen und ich mich an vierter Position aufhalte. Es wird sicher nicht einfacher mit der fortschreitenden Renndauer, aber ich bleibe konzentriert und zuversichtlich, denn wir liegen gut auf Kurs und die Rundenzeiten bleiben mit etwa 76 Sekunden sehr konstant. Nach 12:43, geht es für mich direkt an den Fersen des Drittplatzierten auf den letzten Kilometer. Nach und nach können sich die ersten zwei absetzen, während es für mich nur noch darum geht, am dritten dranzubleiben, um den letzten Kilometer in höchstens 3:17 durchzubringen. 500 Meter vorm Schluss laufe ich noch an Position drei und sehe auf der Uhr eine Zeit die mir die Gewissheit gibt, das eigentlich nichts mehr schief gehen kann. Auf der Gegengeraden gebe ich meine Position wieder her, aber das ist in diesem Moment egal. Nach 15:50,52 überquere ich die Ziellinie. Ziel erreicht - sogar recht deutlich!

Vielen Dank an alle, die dabei waren! Sowohl auf der Bahn als auch auf der Tribüne. Es waren so einige. Mit diesen Zeiten im Gepäck freue ich mich nun schon auf die 10.000-Meter-LM in Hamburg am 8. August. Wenn auch an diesem Tag alles zusammenpassen sollte, kann das Ziel im Grunde nur lauten, eine 32er-Zeit zu erlaufen.

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