Paderborner Osterlauf

Man weiß nie, was die Zukunft bringt. Ich weiß nicht, ob ich nächste Saison nochmal so eine Laufform aufbauen kann, wie ich sie gerade habe. Nach der 10-Kilometer-DM, kam der Gedanke auf, dass noch eine schnellere Zeit möglich gewesen wäre. Daher habe ich mich nach etwas Hin- und Herüberlegen für einen Start beim Paderborner Osterlauf entschieden. Der 10-km-Lauf im Rahmen des Paderborner Osterlauf gehört zweifellos zu den bestbesetzten in Deutschland. Die Streckenrekorde sind mit 27:18 bei den Männer und 30:29 bei den Frauen hochkarätig. Im vergangenen Jahr sind dort 43 Teilnehmer, darunter die ersten 5 Frauen, unter 32 Minuten gelaufen.

Eine Woche nach dem Den Haag Halbmarathon habe ich mich bereits wieder zu einer Laufveranstaltung gewagt. Auf einer Punkt-zu-Punkt-Strecke von Falkensee nach Berlin-Spandau konnte ich die 10 km in 31:50 min bewältigen. Auch wenn der vorherrschende Rückenwind da nicht unerheblich geholfen war, hat mich das, nur 7 Tage nach dem Halbmarathon, mehr als zufrieden gestimmt. Für den Osterlauf schienen die Weichen gestellt und auch die finale Vorbereitung ließ hoffen.

Angereist bin ich am Karfreitag, dem Wettkampfvortag, wie so oft bequem mit dem Zug. Mein Hotel liegt direkt am Bahnhof, anderthalb Kilometer vom Start entfernt. Am Ostersamstag wache ich aus einem Alptraum auf. In diesem Traum habe ich so extrem verschlafen, dass mir nicht nur das Hotelfrühstück durch die Lappen gegangen ist, sondern es auch nicht rechtzeitig zum Start geschafft hätte, obwohl das Rennen erst am frühen Nachmittag stattfindet. Tatsächlich ist es erst 6:20 Uhr als ich erleichtert aufwache und aufstehe, noch 6 Stunden bis zum Start. Die Zeit bis zum Frühstück überbrücke ich, indem ich zum Start und zurück trabe und kalt dusche. Nach dem ausgiebigen Frühstück nutze ich die Zeit zum Lernen. Gegen halb 11 laufe ich wieder zum Start, hole meine Startnummer ab und schau mir das 5-km-Rennen an, das ebenfalls phänomenal gut besetzt ist: Ein halbes Dutzend Männer unter 15 Minuten und die schnellsten zwei Frauen unter 16 Minuten. Anschließend laufe ich zurück ins Hotel, mache mich fertig und finde mich kurz vor 12 am Start wieder, bereit alles zu geben. Die Bedingungen sind scheinbar (mehr dazu später) ideal! Es ist nicht allzu windig, die Temperaturen sind angenehm und es ist trocken. Das Teilnehmerfeld weißt eine unheimlich starke Leistungsdichte auf und der Kurs ist offensichtlich sehr schnell. Direkt hinter dem Elite-Block warte ich mit etwa 3700 weiteren Teilnehmern auf den Startschuss zu den 10 Kilometern um 12:20.

Die ersten paar Hundert Meter auf der Strecke ist es recht eng und bevor ich frei laufen kann, relativ gemächlich. Im Grunde perfekt für mich, um geschmeidig ins Rennen rein zu finden. Nachdem ich ein paar Lücken finde, treffe ich den ersten Kilometer exakt im avisierten Tempo, mit 3:11 min perfekt! Der zweite Kilometer ist leicht abschüssig und dementsprechend schnell, nach 3:06 min ist auch dieser geschafft. Ich schaffe den Anschluss zur Gruppe, die im Vorfeld meinem Wunschszenario entsprach. Somit rolle ich unter anderem mit Katharina Steinruck, Fabienne Königstein und Benjamin aus Hamburg über die Strecke. Unser Grüppchen sammelt noch zwei afrikanische Läuferinnen ein und besteht fortan erstmal aus etwa 10 Athleten. Es läuft bislang perfekt, genau wie geplant! Nach einer Brückenüberquerung passieren wir die 5-km-Marke in etwa 16 Minuten, ein wenig langsamer als erhofft, aber alles im Rahmen. Anschließend geht es leicht bergab, ich laufe nach vorn und fortan zieht sich unsere Gruppe allmählich in die Länge. Fortan beginnt es anstrengend zu werden. Für den sechsten insgesamt abschüssigen Kilometer benötige ich 3:06, ab hier werden die Kilometerabschnitte langsamer und langsamer. Spätestens nach 8 Kilometer wird aus Laufen Kämpfen und schließlich aus Kämpfen einfach nur Durchhalten. Beim Mitrechnen verabschiede ich mich innerlich von einer 31er-Zeit, will aber bis zum Ziel alles geben. Benjamin erhöht das Tempo, um doch noch eine 31er-Zeit zu erkämpfen, ich kann nicht folgen. Ich bin völlig am Anschlag und der zehnte Kilometer gelingt mir, bei leichtem Gegenwind, kaum noch unter 3:20. Auf der Zielgeraden sehe ich aus der Ferne die Uhr auf 32 Minuten umspringen, bei 32:16 überquere ich die Ziellinie, sieben Sekunden nach der drittplatzierten Frau, die 5000-Meter-Europameisterin, Konstanze Klosterhalfen. Meine Netto-Zeit ist 32:12.

Somit liege ich 14 Sekunden über meiner bisherigen Bestzeit, die ich 4 Wochen zuvor in Leverkusen aufgestellt habe. Ein sehr solides Ergebnis. In Relation zu den anderen Ergebnissen im Teilnehmerfeld sogar sehr zufriedenstellend. Die Siegerzeiten lagen, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen etwa 30 Sekunden über dem Streckenrekord. Simon Boch als schnellster Deutscher, Katha Steinruck als zweitschnellste Europäerin und viele weitere (ausnahmslos jeder der schnellen Läufer aus meinem Bekanntenkreis) bleiben etwas, meist ungefähr eine halbe Minute, über ihren Bestleistungen, ihren Zeiten aus Leverkusen oder ihren Zeiten in Paderborn aus dem Vorjahr. Erfreulicherweise bin ich mit meiner Leistung 27. geworden. An dieser Stelle sei aber erwähnt, dass der 27. 2023 ganze 63 Sekunden schneller war. Woran das gelegen hat, bleibt mir ein Rätsel. Für alle schien es ein hartes Rennen gewesen zu sein, aber wie gesagt: Die Bedingungen, nicht zuletzt das Wetter, schien ideal. Sogar den Luftdruck habe ich später nochmal unter die Lupe genommen, möglicherweise lag es ja am Sauerstoff-Partialdruck, doch selbst da zeigt sich: Es war annähernd derselbe Wert wie in Leverkusen, wo viele über sich hinausgewachsen sind und Bestleistungen erzielt haben. Auch die Temperatur, die Luftfeuchtigkeit und die Uhrzeit (und beides war auch noch während der Winterzeit) waren fast identisch. Es bleibt wohl ein Geheimnis.

 

Ergebnisliste

 

Datenaufzeichnung

 

Video-Stream
(10-km-Lauf auf 2:02:10 in voller Länger)

 

 

Im Anschluss ans Rennen stattete ich dem Heinz-Nixdorf-Museum (größtes Computer-Museum der Welt) noch einen Besuch ab, eine absolute Empfehlung meinerseits! Den Ostersonntag feiere ich mit einem ausgiebigen Hotelfrühstück. Wer mich kennt, wird sich nicht wundern, dass ich über 2 Stunden mit Frühstücken verbringe, bevor es mit dem Zug zurück geht. Für die Rückreise habe ich einen längeren Stopp in Hannover geplant, den ich für einen Streckencheck des Hannover-Marathons nutze. Die ersten Zweidrittel des Marathons, die bereits mit Streckenschildern versehen sind, habe ich mir angeschaut, das letzte Drittel spare ich mir dann für den Wettkampf in zwei Wochen auf. Die Vorfreude und Zuversicht nehmen Fahrt auf. Das wird großartig!

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